Volk entscheidet über Pisten

Nun hat das Volk tatsächlich das letzte Wort – wenn es denn will. Entscheidet der Kantonsrat über eine Veränderung des Pistensystems in Kloten, kann es in jedem Fall das Referendum ergreifen und so einen Urnengang erzwingen. Bislang war es Usus, dass solche Referenden nur möglich waren, wenn der Kantonsrat Ja zu einem Ausbau sagte. Die Flughafenbefürworter, welche die Gesetzesänderung mit ihrer Initiative «Pistenveränderungen vors Volk» unterstützt hatten, sind zufrieden: «Der Inkraftsetzung des neuen §19 (des Flughafengesetzes) durch den Regierungsrat steht nun nichts mehr im Weg», schreibt der Verein Pro Flughafen in einer Mitteilung, wo er auch das Urteil des Bundesgerichts publizierte. Über eine Verlängerung der Pisten 28 und 32 könnte somit das Volk befinden, wenn sie der Kantonsrat ablehnen sollte und das fakultative Referendum zustande käme. Die flughafenfreundlichen Kreise zählen darauf, dass das Volk auch in Zukunft für den Flughafen stimmen wird, weil es um den Wirtschaftsstandort fürchtet. Die Beschwerde wurde in erster Linie abgelehnt, weil sie zu spät eingereicht wurde: Die Justizdirektion hatte am 2. Dezember 2016 offiziell mitgeteilt, dass kein Referendum zustande gekommen sei. Die Beschwerde sei – am 16. Januar eingereicht – deshalb zu spät erfolgt. Denn bei Stimmrechtssachen gebe es keine Erstreckung der 30-tägigen Frist wegen Festtagen. Dennoch haben sich die fünf Richter der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts auch inhaltliche Gedanken dazu gemacht. Wenn nun gegen einen Entscheid des Kantonsrats das Referendum ergriffen wird, müssen sich die Stimmbürgerinnen und -bürger gut überlegen, was sie schreiben: Beantragte der Regierungsrat ein Ja zu einem Umbau, der Kantonsrat beschlösse jedoch ein Nein, dann würde das Volk über dieses Nein abstimmen. Konkret: Will es den Umbau, muss es «Nein» (zum ablehnenden Entscheid des Kantonsrates) sagen. Damit würde dieser aufgehoben, und es gälte das Ja des Regierungsrats. Flughafengesetz machts möglich Zwar hält auch das Bundesgericht in seinem schriftlichen Urteil fest, dass nach seiner Rechtsprechung das Referendum – ob obligatorisch oder fakultativ – in erster Linie ein Vetorecht darstelle. «Das fakultative Referendum hat nach dem allgemeinen Schweizerischen Rechtsverständnis keinen negativen Charakter und kann grundsätzlich nur gegen positive Parlamentsakte ergriffen werden», gab es den Beschwerdeführern ein stückweit recht. Wenn das Stimmvolk etwa einen negativen Parlamentsbeschluss über irgend ein Bauprojekt aufheben würde, wäre damit der Weg für das Bauprojekt noch nicht frei, so die Richter. Dies gelte allerdings nicht absolut, was durch die Kantonsverfassung weder vorgesehen noch ausgeschlossen sein. Ein Referendum gegen ablehnende Beschlüsse könne dann zulässig sein, wenn klar definiert sei, worüber die Bürgerinnen und Bürger abstimmten, finden die fünf Bundesrichter. Und das neue Flughafengesetzes vom 5. September 2016 schaffe hier Klarheit: Lehnten die Stimmberechtigten einen ablehnenden Beschluss des Kantonsrats (…) ab, so bestimme Abs. 4, dass die (befürwortende) Weisung des Regierungsrates an die Staatsvertretung im Verwaltungsrat als genehmigt gelte. Die Gerichtskosten von 1000 Franken gehen zulasten der sechs Beschwerdeführer. Aber auch Initiativkomitee «Pistenveränderungen vors Volk!» habe keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung fürs Bundesgerichtsverfahren.

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