«Lieber Jesus, ich finde …»

Von Susanne Stoffel*

Komplett heisst dieser Satz: «Lieber Jesus, ich finde es sehr schade, dass du gestorben bist, aber ich wünsche dir frohe Ostern. Liebe Grüsse.»
Sie merken, Ostern findet auch dieses Jahr statt, trotz der Pandemie. Nur eben nicht in den Kirchen, sondern bei uns zu Hause, in unseren Gedanken, und für Sie vielleicht beim Lesen des Artikels.


Der obengenannte Satz stammt von einem Kind, welches letztes Jahr den Familien-Kreuzweg am Karfreitag bei uns in der Pfarrei Christkönig besucht hat. Seitdem hängt dieser Satz bei uns im Pfarrhaus in der Kaffee-Ecke. Ich selber stand bis vor kurzem in ruhigen Momenten immer wieder staunend vor diesem Satz und fragte mich, was mich so anzieht? Vielleicht ist es darum, weil er kurz und knapp alles ausdrückt, was in der Karwoche und an Ostern geschehen ist.


Was rührt uns denn so genau an?
Dazu kommt für mich, dass das Kind mit viel Empathie das Schlimme, was mit Jesus geschehen ist, ausdrückt. Und danach mit einem festen kindlichen Glauben die frohe Osterbotschaft kundtut. Mich fasziniert bei diesem Satz auch, dass dieses Kind nicht beim Schrecklichen stehen bleibt, beim Tod von Jesus, sondern dann sofort den hoffnungsvollen Schritt macht und ihm frohe Ostern wünscht. Für das Kind ist der Tod


also nicht das Ende. Damit hat es den Kern unseres christlichen Glaubens getroffen. Rührt uns diese hoffnungsvolle Botschaft an? Vielleicht schon. Es ist erstaunlich, wie viele Leute und Familien am Palmsonntag, dem Beginn der Karwoche, zum Familien- Gottesdienst bis anhin kamen, und auch der Besuch des Familien-Kreuzwegs am Karfreitag im letzten Jahr spricht dafür.
Was rührt uns denn so genau an, rund um das Geschehen in der Karwoche und zu Ostern? So könnten es vielleicht die Traditionen rund um das Osterfest sein. Vielleicht entdecken wir auch in der Ostererzählung Parallelen zu unserem heutigen Leben. Jesus hat für seine Überzeugung gelebt, fand Unterstützung, stiess aber auch auf Widerstand und ist letztlich gescheitert, aber nur scheinbar. Geht es uns im Berufsleben, in der Beziehung, in der Schule, in der Familie und gerade jetzt in Zeiten des Ausnahmezustandes nicht auch so?


Ostern – ein hoffnungsvoller Weg
Das obengenannte Kind bleibt aber nicht beim Scheitern von Jesus stehen. Und wie ist es bei uns? Verbinden wir heute noch die Osterbotschaft mit unserem Leben? Mir persönlich hilft da die Emmaus-
Geschichte weiter. Da gehen zwei Freunde Jesu nach all den Ereignissen von Jerusalem nach Emmaus. Trotz der Botschaft, dass Jesus auferweckt wurde, gehen sie nun doch
allein und traurig durchs Leben. Und plötzlich geht jemand mit ihnen,
erkundigt sich nach ihnen, nimmt Teil an ihrer Traurigkeit. Und er isst mit ihnen. Sie erleben diese Tischgemeinschaft, die Jesu so wichtig war, und erkennen ihn dadurch auch wieder.
Und nun komme ich wieder auf den Satz des Kindes. Das Kind zieht mit seinem Ostergruss Jesus ins
Heute hinein. Es fühlt sich wohl gut begleitet von lieben Menschen und von Gott. Und diese Begleitung wünsche ich uns allen zu Ostern und in dieser herausfordernden Zeit der Pandemie und auch darüber hinaus.

* Susanne Stoffel ist leitende Katechetin in der katholischen Pfarrei Christkönig in Kloten.

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